Dienstag, 17. April 2007

Im Zick-Zack-Kurs durch Malaysia

Morgenstund hat Gold im Mund...

Wir haben uns tatsaechlich ans fruehe Aufstehen gewoehnt (ich kann's selbst kaum glauben) und werden dafuer mit unglaublichen Landschaftsspektakeln belohnt. In den Sonnenaufgang zu radeln hat noch einmal eine ganz andere Qualitaet und foerdert so manchen Tag den Philosophen in uns zu Tage. Endlich haben wir auch die kleinen, verlassenen Nebenstrassen gefunden, die wir auf Borneo noch vergeblich suchten. Da viele der kleinen Strassen auf keiner Karte verzeichnet sind, fragen wir uns oft durch. Die Malayen sind aufgeschlossen, neugierig und sehr, sehr gastfreundlich. Ein kurzer Stop endet deshalb nicht selten in einem kurzen oder auch laengeren Plausch. Bei einer kurzen Nachfrage am Strassenrand werden wir spontan zu einer muslimischen Hochzeit eingeladen, mit Geschenken ueberhaeuft, ueberaus reichlich bewirtet und hunderte Male abgelichtet. Nur ungern laesst man uns schleisslich weiterziehen.
Inzwischen haben wir so ziemlich alle Bedingungen auf dem Fahrrad durchlebt: steile Anstiege mit dafuer immer viel zu kurzen Abfahrten, Serpentien durch den Dschungel, endlos geradeaus am palmengesaeumten Sandstrand, einsame idyllische Dorfstrassen, wo wir Kuehen und Huehnern die Vorfahrt gewaehren, staubige, laute Fernverkehrsstrassen, Hitze, Nieselregen, Gewitter, Wind von allen Seiten. Eines Abends entscheiden wir uns aus Uebermut und ueberschuessigen Kraftreserven fuer eine Nachtfahrt. Die Kuehle der Nacht und die leeren Strassen erlauben ein sehr entspanntes Fahren. Wie wir so im Formationsflug mit einem guten 30er Schnitt ueber den ueppig ausgebauten Standstreifen einer Hauptstrasse fliegen, begegnet uns unbeleuchtet und in voelliger geistiger Abwesenheit ein auf seinem Handy tippelnder Einheimischer auf seinem Klapprad. Er geht wohl davon aus, dass er andere sich naehernde Verkehrsteilnehmer rechtzeitig hoert. Nun bewegen wir uns nahezu lautlos.



Entsprechend ueberraschend kommt fuer uns alle unser ploetzliches Aufeinandertreffen. 3 Aufschreie gellen kurz nacheinander durch die Nacht. Eine Kollision koennen wir zwar verhindern, doch der Schreck sitzt noch einige Kilometer in den Knochen. Fuer den Malayen duerfte die Begegnung noch unheimlicher gewesen sein. Unsere taghellen LED Kopflampen und unsere blinkenden Ruecklichter muten schon etwas ausserirdisch an. Insgesamt radelt es sich jedoch in Malaysia ausgesprochen sicher und angenehm. Gesamtbilanz nach ca. 2000km: 3 platten, Tagespensum 80-120km, Durchschnitt 20-25km/h, Topspeed 74km/h

Auch kulturell haben wir viele neue Erfahrungen gesammelt. Entlang unserer Strecke passieren wir taeglich viele Moscheen, bescheidene, kleine und gigantische, prunkvolle, pompoese. Wir unterhalten uns mit Strassenverkaeufern, Kellnern, Tankstellenpaechtern, Studenten, Lehrern und Universitaetsdirektoren. Wir lernen viel ueber den Islam und ueber malayische Gepflogenheiten.

In der Universitaet werden wir spontan in einen Kurs fuer malayische Volkstaenze gezogen. Nur unsere rudimentaeren Salsa-Kenntnisse koennen uns vor einer Blamage bewahren. Ostern feiern wir mit der Pentecostal gemeinde in Dungun, wo wir durchaus Begeisterung fuer die rythmischen Gosp[elgesaenge entwickeln koennen.
Unsere "Osterferien" verbringen wir in einer tuerkisblauen Bilderbuchlagune auf Perhentian Islands. Die Ruhe und die Abgeschiedenheit tun uns so gut, dass wir unseren geplanten 3-Tage Aufenthalt auf eine Woche verlaengern. Unser Tag bestand aus 4km Schwimmen, 6 D'Lagoon Special Bananenshakes, und 14 h schlafen am Strand. Beim Schnorcheln machen wir Bekanntschaft mit Klaus, dem Schwarzspitzenriffhai, mit Gertrud, der Schildkroete, mit Reinhard, dem Papageienfisch und mit jeder Menge kleiner Nemos.

Seit Beginn unserer Reise widerfahren uns viele wunderbare Dinge und wir streiten vortrefflich darueber ob es Zufall, Fuegung oder ein Prinzip noch nicht entdeckter Ordnung ist.

Um diese Frage zu beantworten, muessen wir wohl noch mehr Aristoteles lesen :)

Leitgedanke des Monats: Glueck ist oft unscheinbarer und unverhoffter als man denkt: Ein kleiner Melonenstand nach einem 20km Anstieg, ein kleiner winkender Junge am Strassenrand, eine selbst geerntete Kokosnuss nach einem anstrengenden Tag...