Dienstag, 12. Juni 2007

Lost in Laos

Laos sollte vor allem Eines bringen: Entspanntes Cruisen auf menschenleeren Strassen nach durchaus anstrengenden Radetappen in Kambodscha und Thailand. Wir liessen daher zunaechst die Beine im warmen Wasser des Mekong baumeln und genossen die ueberaus entspannte Stimmung auf der wunderbaren Mekong-Insel Don Det. Bananenpancake, Bananenshake reichlich Seafood sorgten fuer gute Laune und kulinarische Hochgenuesse.
Nach 4 Tagen zog es uns daher weiter in das fuer seinen Kaffee beruehmte Hochland um Pakson, das mit angenehmen Temperaturen und menschenleeren Strassen glaenzte. Bis nach Vietnam sollten es von hier aus nicht mehr als 200 km und damit 3 Tage werden. Doch wir irrten…

Unsere Strassenkarte, die uns bis dahin recht zuverlaessig durch Kambodscha und Laos begleitet hatte, schickte uns auf eine Odyssee, die unsere Erlebnisse aus Kambodscha noch einmal uebertreffen sollte. Die Strasse, die uns zum vietnamesischen Grenzuebergang Lao Bao fuehren sollte, war laut Karten-Legende als gut ausgebaute, asphaltierte Fernstrasse ausgewiesen. An sandige Strassenabschnitte waren wir bereits aus Kambodscha gewoehnt, deshalb verwunderte uns der sich allmaehlich verschlechternde Strassenbelag auch nicht weiter.
Doch Kilometer fuer Kilometer wurde die Strasse schmaler und ruppiger. Als wir nach ca. 80km ohne eine einzige Kreuzung das laotische Bergland um Taoy an der Grenze zu Vietnam erreichen, fahren wir zunehmend auf einer ausgewaschenen Geroellpiste und hoffen dennoch jeden Kilometer auf Besserung.
Doch der Weg ist kompromisslos in die Landschaft gezimmert, immer mehr zweifeln wir daran, dass irgendein motorisiertes Fahrzeug diese brutalen Steigungen meistern koennte. Anstiege, die immer haeufiger an ausgewaschene Flussbetten erinnern, zwingen uns regelmaessig abzusteigen und kilometerlang die Raeder die Berge hinaufzuschieben.
Der anschliessende Abstieg endete zumeist an einem Fluss und einer zerstoerten Bruecke. Die erste Flussueberquerung mit dem Rad finden wir noch witzig, spaetestens nach der 15. haben wir jedoch die Nase von Schlammloechern endgueltig voll.

Am Strassenrand finden wir nur noch in grossen Abstaenden verstreute Bergvolkdoerfer vor, deren Einwohner uns misstrauisch aus der Ferne beaeugen und bei jedem Annaehrungsversuch von uns schleunigst und fast panisch Reissaus nehmen.
Erst eine kleine Puppenspieleinlage mit Hanimas kann das Eis brechen und die Dorfbewohner aus ihren Verstecken locken.
Alle unsere Fragen nach dem Namen des Dorfes, nach der naechsten Nahrungquelle oder Kreuzung oder nach dem weiteren Verlauf des Weges werden mit verstaendnislosem Kopfschuetteln oder komplett widerspruechlichen Gestiken beantwortet. Vielmehr erzeugen unsere Digitalkamera und unsere Strassenkarte unglaeubiges Staunen. Unsere Zweifel wachsen, dass uns diese “Strasse” irgendwo, geschweige denn zu unserem Ziel fuehrt.
Doch vereinzelte Uebereinstimmungen von Kompass, Karte und tatsaechlicher Umgebung und die Scheu vor dem inzwischen ueber 120km langen Rueckweg treiben uns weiter, bis wir nach 150km und 3 extrem anstrengenden Tagen mit Reis, Zucker und Katadyn-gefiltertem Flusswasser auf einem zugewachsenen Trampelpfad mitten im Dschungel stehen und heftig auf den Kartenverlag schimpfen. Selbst der toughe und immer gut gelaunte Marco findet die Situation “nicht mehr schoen”.
Unsere einzigen, dafuer umso hartnaeckigeren Begleiter sind nun nur noch beisswuetige Fliegenschwaerme und Blutegel auf dem kaum noch erkennbaren Pfad im Regen durch den dichter werdenden Dschungel.

Wenigstens fuer den Abend hoffen wir auf einen trockenen Schlafplatz.Und tatsaechlich treffen wir rechtzeitig vor Einbruch der Dunkelheit auf ein kleines Dorf, dessen Einwohner uns nach anfaenglichen Verstaendigungsschwierigkeiten herzlich aufnehmen und uns sogar eine leerstehende Bambushuette zur Verfuegung stellen.
Doch laut Karte wartet auf unserem Weg noch ein grosser Fluss auf uns und wir machen uns inzwischen kaum noch Hoffnungen, diesen trockenen Fusses ueberqueren zu koennen. Stattdessen bluehen unsere Phantasien ueber abenteuerliche Flosskonstruktionen. Der naechste Morgen bringt schliesslich Klarheit: Tatsaechlich existiert keine Bruecke ueber den Fluss, er scheint aber zu Fuss passierbar zu sein. Also tragen wir Tasche fuer Tasche und beide Fahrraeder ueber die spitzen, glitschigen Steine im trueben Wasser und sind heilfroh als wir nicht nur sicher das andere Ufer erreichen sondern dort auch noch erste Zeichen der Zivilisiation wie Reifenspuren und Strommasten vorfinden.
Die restlichen 30km zum Grenzuebergang absolvieren wir wie im Flug, trinken an der ersten Moeglichkeit zusammen ein grosses Bier Lao und freuen uns auf die Vorzuege der modernen Welt in Vietnam. Doch die Bilder aus Laos bleiben wie die Bilder aus Kambodscha noch lange in unseren Koepfen haften.


7 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Mit Freude haben wir vernommen,
Euch die Dichtkunst nicht entronnen.
Unserem Seitenstil Euch angeschlossen,
und der Wilhelmschen Sprache unverdrossen,
hat sie heutzutage auch noch Sinn-
Saetze zu dichten ist ein Frohgewinn!
Dies war uns speziell in Laos eine Stuetze,
wenn wir erschoepft durch jede Pfuetze,
in die Ungewissheit unser Rad mussten schieben,
ohne die Zuversicht dabei zu verlieren!
So brachte mancher Fluch den noetigen Witz,
wenn es hiess:"Ohh'Shit!!! -
Blutegelalarm an meinem Zeh -
lass mich zurueck allein: Geh!"
Doch zusammen aus dem dschungelhaften Mudda,
und geteilt die Taoy-Ration aus Reis und Zuckaa,
bleiben die Eindruecke aus Laos noch lang,
verabschieben wir uns ehrfurchtsvoll vor Leut und Land!

- Marco aus dem Sattel -

Anonym hat gesagt…

Hurra, ein Lebenszeichen von Euch und trotz aller Strapazen geht es Euch gut. Wir gratulieren zu dieser enormen Leistung und wünschen Euch weiterhin Mut und Erfolg. Euer Bericht ist sehr eindrucksvoll und wieder toll bebildert. Wir warten auf den nächsten Bericht.
Ev und Wolfgang aus Dresden

Anonym hat gesagt…

Wir sind heilfroh und sehr erleichtert, dass ihr beiden Pfadfinder doch noch den richtigen Pfad aus dem Dschungel heraus, zurück in die Zivilisation gefunden habt. War schon etwas beunruhigend, was wir da zu lesen und zu sehen bekamen. Trotzdem sind wir stolz auf Euch, dass Ihr es gemeinsam geschafft habt und hoffen, dass die nächsten Wege besser eingezeichnet und ausgeschildert sind.
Liebe Grüße von Mutti und Papa aus Werder

Anonym hat gesagt…

Hallo Ihr Lieben schön das wir mal wieder was von Euch hören und sehen.
Es ist einfach toll was Ihr da macht. Ich bewundere Euch. Macht bitte weiter so und laßt Euch das gut gehen. Ganz liebe Grüße aus Hamburg von Bärbel und Günter

Anonym hat gesagt…

Warum tue ich mir den trockenen Staub in meinen Mund,
den Matsch an meinen schmerzenden Fuessen,
den peitschenden Regen und die gleissende Sonne auf meiner Haut an?
Wegen der schoenen Staedte?
Wegen der Kirchen?
Wegen des Essens?
Wegen des Weins?
Nein.
Weil ich gerufen wurde.
Hape Kerkeling schreibt auf dem Weg nach Santiago de Compostela, er glaube jedes Wort.
Das muss auf Euch wohl auch zutreffen.
Eure Strapazen sind wohl vergleichbar mit denen der echten Entdecker.
Euer Gewinn ist nicht messbar mit den Maßen des Alltaeglichen.
anonym

Anonym hat gesagt…

Wieder ein Bericht, welch freudiger Tag,
der bis dato noch in Unwissenheit lag.
2 Pioniere erobern den Urwald
bis die Wahrheit eines verschwundenen Wegs vor ihre Stirn knallt.
doch kämpfen sie weiter in Mühe und Leid,
wie heißts doch so schön: Seid bereit - immer bereit!
Voll ehrfurcht und spannung lese ich weiter, der bericht wird abenteuerlich und immer auch heiter.

Ich bedanke mich herzlich bei Euch beiden sehr
für diesen tollen Schriftverkehr.
Ich freu mich auf die nächsten Zeilen
eurer meilen
zum verweilen
und verteilen an eure treue leserschaft,
viel Spaß noch, Ausdauer und Kraft.
Tina :o)

Anonym hat gesagt…

guten abend im sattel,

4 wochen benötigt eine karte und ich schaffe nicht mal mehr einen eintrag aus dem stuhl in den rechner!alti - zürne nicht.
wir können eure tage nur tatsächlich nur beneiden und nicht wirklich messen und ihre unsere nicht. aber wartet nur ab - es kommt noch!!
dat mit den bildern finde ich ganz dufte!!! warm up für eine 3 wöchige diashow!
endlich hat ja auch mal euer grüner begleiter seine nüsse gezeigt. alti ziehe dir ab und zu ruhig was über! mutti freut sich, wenn du gesund bleibst.
ich befürchte nur, dass ich mich diesmal beim fussbodenbelegen nicht auf die spacigste hilfe der welt verlassen kann! das ist schade - aber nur das!!!

jute reise